Am 17. Jänner kamen wir wieder in Bruck zusammen und setzten uns in einem ersten Teil mit den Herausforderungen auseinander, die wir derzeit in unserer Delegation erleben. Das ehrliche Teilen, das Traurigkeit und Gottvertrauen widerspiegelte, tat uns allen gut.
Im zweiten Teil reflektierten wir den ersten Abschnitt des Vortrags von P. Albert Schmucki vom letzten Sommer zum Thema: Die Freiheit zu vergeben: Geschenk und Errungenschaft. Uns ist es wichtig, die gehörten Impulse als Gemeinschaft in Erinnerung zu rufen und zu vertiefen.
Der Blick auf das Testament des Hl. Franziskus machte uns deutlich, dass Vergebung in erster Linie das Werk Gottes ist. Die Vergebung ist Gottes Geschenk an uns. Wir dürfen unsere Bedürfnisse und Wunden durchaus ernst nehmen, aber sie dürfen nicht zu Forderungen an andere werden. Wir selbst sind für die Art und Weise verantwortlich, wie wir mit unseren Bedürfnissen und Wunden umgehen, nicht andere.
Eines der größten Hindernisse für die Vergebung ist das Hängenbleiben in unseren Emotionen. Wir sind dann nicht in der Lage, unsere Beweggründe zu verstehen, die mit dieser spontanen Reaktion verbunden sind. Was in uns Empörung über den anderen auslöst, zum Beispiel das Bedürfnis, viel Aufmerksamkeit zu bekommen, ist meist auch Teil unserer Natur und unserer Bedürfnisse.
Verzeihen bedeutet, dem anderen die Freiheit zu geben und ihn nicht auf seine Begrenztheit und Zerbrechlichkeit zu fixieren. Im Vergeben schenke ich der anderen Person die Möglichkeit, neu anzufangen. Indem wir der anderen Person die Freiheit geben, erhalten auch wir eine neue Freiheit, weil wir nicht auf bestimmte Aspekte der Beziehung zu der anderen Person fixiert bleiben.
Vergebung ist immer ein freier und schöpferischer Akt: Sie geht vom „Gratis“ der Vergebung Gottes aus und teilt dieses Geschenk der Barmherzigkeit mit der anderen Person.
Auch wenn der Herr Franziskus Brüder gegeben hat (Test 14), so bleibt doch die Auseinandersetzung mit seinen Brüdern lebenslang ein dorniges Feld. Wer nie um Vergebung ringen muss, läuft wahrscheinlich Gefahr, alles zu leicht zu nehmen und sich nicht genug für den persönlichen und gemeinschaftlichen Reifeprozess einzusetzen.